Gemeinsam auf den Spuren des Bremer Partisanen Rudolf Jacobs in Ligurien

Schüler*innen aus Bremen zum zweiten Mal im Rahmen der Schulpartnerschaft bei den „studenti“ in Sarzana/Ligurien

Von Ulrike Petzold

Es war ein lebhaftes Wiedersehen in der Aula des Liceo Parentucelli in Sarzana, als am 24. April 2025 die Bremer Gäste vom Hermann-Böse-Gymnasium von den italienischen Lehrer*innen und Schüler*innen begrüßt wurden. 

Die zehn Mitglieder der Geschichts-AG des HBG und ihre Lehrerinnen Christine Stangl und Finja Schreiber haben einen Vormittag lang mit den Gastgeber*innen aus Sarzana diskutiert - über den Zweiten Weltkrieg, Italien unter der Herrschaft von Mussolini und über die Rolle Deutschlands im Zweiten Weltkrieg. Es war motivierend und bewegend zu erleben, wie junge Menschen aus zwei europäischen Ländern, die einst Kriegsgegner waren, sich heute mit der Geschichte auseinandersetzen und über Krieg, Frieden, Demokratie und Zivilcourage reden, 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – in einer Zeit, in der Frieden und Demokratie besonders bedroht sind.

Ich habe dann mein Buch über den Bremer Partisan Rudolf Jacobs vorgestellt und darüber mit einer Schulklasse des Liceo diskutiert. Einige Tage später war ich mit demselben Thema zu Gast bei der Deutsch-Italienischen Gesellschaft La Spezia.

Greta, 17 J.: „Ich habe von den italienischen Schüler*innen erfahren, dass die meisten von ihnen ein Vorwissen über die Partisanen haben, weil sie entweder Großväter, Großmütter, Urgroßväter oder Urgroßmütter hatten, die in ihrer Jugend oder im frühem Erwachsenenalter bei den Partisanen waren, die ihnen Geschichten über diese Zeit erzählten.“

Die Bremer Gruppe besuchte am 25. April , dem Nationalen Tag der Befreiung Italiens von Besatzung und Faschismus und Nationalsozialismus, die kleine Gemeinde Marzabotto, wo im Rahmen einer großes Gedenkveranstaltung mit Tausenden von Teilnehmer*innen an das schlimmste Verbrechen erinnert wird, das Wehrmacht und SS in diesem Krieg in Italien verübten: SS-Männer ermordeten auf grausamste Art und Weise in den Weilern des Monte Sole in sechs Tagen mehr als 770 Menschen, zumeist wehrlose Frauen, Kinder und alte Menschen. 

Während einer Führung, bei der Marco Eggert, Präsident der Bremer DIG, dabei war und übersetzte, erfuhren die Bremer*innen von den Verbrechen. Die zerstörten Siedlungen wurden seitdem nicht mehr aufgebaut, Tafeln erinnern an die Opfer des Massakers. Wichtig, aber auch verstörend und belastend haben die Jugendlichen diesen Gang durch den Gedenkpark empfunden.

Elin, 15 J.: „Die Geschichte wurde durch die Umgebung plötzlich sehr real – dort zu stehen, wo Menschen ermordet wurden, hat einen tiefen Eindruck hinterlassen. Für mich war es besonders eindrücklich, weil es nicht nur eine Geschichtsstunde war, sondern ein echtes Erleben der Vergangenheit.“

Greta: „Es war schrecklich zu erfahren, was den Zivilisten am Monte Sole widerfahren ist. Vor allem auch, dass die Faschisten sich nicht damit begnügt haben die Menschen „einfach“ umzubringen, sondern sie gar zu quälen und zu foltern und sie gar keine Kinder verschont haben.

Der nächste Tag galt wieder Rudolf Jacobs und den Partisanen. Wir trafen uns im Dorf Pugliola, oberhalb von Lerici, wo der Bremer Soldat seit 1943 in einer Adelsvilla stationiert war, heute ein Museum, wegen Umbauten für uns leider geschlossen, sodass wir den Traumblick von der Terrasse über die „Bucht der Poeten“ nicht genießen konnten. 

Dann wanderten wir gemeinsam in die Berge hinter Pugliola/Lerici auf den Spuren der Partisanen, in den Ortsteil Fodo zur Ruine der Villa Volpera. Hier haben die Partisanen täglich in einer Grube mit Fluchtweg ihre kostbare Druckmaschine, die „tipografia“ versteckt, mit der sie Flugblätter drucken und vervielfältigen konnten. All das erzählte uns Simonetta Lupi, Archäologin aus Lerici und aktiv bei der Partisanen-organisation ANPI. Sie ist die Enkelin von Edilio Lupi, der 1944 den Kontakt zwischen Jacobs und den Partisanen herstellte.

Schließlich legten die jungen Bremer*innen Blumen nieder an der Gedenkstatue für Jacobs in Sarzana, wo er am 3.11.1944 von italienischen Faschisten erschossen wurde.  

Es wird eine Zeit dauern, bis die Eindrücke, oft belastend und traurig, verarbeitet sind. 

Greta: „Es hat mich zutiefst bewegt, dass die Faschisten diese grausamen Taten gegenüber den italienischen Zivilisten begangen haben. Der Tag auf dem Monte Sole hat mich sehr berührt und dennoch bin ich bin froh, dass die Möglichkeit besteht, dass dieses Wissen an andere weitergegeben wird, sodass es schlussendlich nicht in Vergessenheit geraten wird.“

Klar ist: Die Arbeit an den Projekten geht weiter, Und im Herbst erwarten wir, die Schule und auch die DIG, die Ragazzi aus Sarzana, um mit ihnen in Bremen unterwegs zu sein, auf den Spuren der Geschichte und der Gegenwart.

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